Gesund bewegen

Bewegung unter freiem Himmel

Spazierengehen oder wandern führt dazu, dass wir uns wohlfühlen, Stress abbauen können und gleichzeitig tun wir auch noch unserer Gesundheit etwas Gutes.
Forscher von der Universität Zürich (Lindern und Kollegen) haben zudem herausgefunden, dass es umso erholsamer ist, desto mehr sich die Umgebung, in der wir uns erholen möchten, von der (womöglich stressenden) Arbeitsumgebung unterscheidet. Das wird als „psychologische Distanz“ bezeichnet. Am besten eignen sich natürliche Umgebungen wie z.B. eine Waldlichtung, ein See oder der Weg am Fluss entlang – d.h. also ein schöner Ort unter freiem Himmel.

Zentrale Wirkfaktoren sind hierbei neben der Bewegung die frische Luft und die Gerüche, welche wir mit allen Sinnen wahrnehmen können. Zentral für unsere Erholung ist außerdem das Gefühl von „Ich bin weg“, welches gleichermaßen faszinierend und erholsam ist.

Wenn Sie also den ganzen Tag in Ihrem Büro verbracht haben, wird ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft am Feierabend oder in der Mittagspause am meisten zu Ihrer Erholung beitragen.

Auch kleine Bergwanderungen von ca. 90 Minuten – wenn Sie so wie ich nahe des Hochgebirges leben – haben eine nachgewiesene positive Wirkung auf unsere Psyche und macht uns glücklich (Kopp und Kollegen).

Die Macht der Gewohnheit

Auf dem größten Gesundheitskongress im Raum der EU (EHPS/DHP) wurde 2016 mehrfach auf die Problematik hingewiesen, dass viele von uns den ganzen Tag sitzend am Schreibtisch verbringen. Forscher haben herausgefunden, dass es ideal wäre, wenn wir täglich zwei Stunden unserer Arbeitszeit im Stehen oder Gehen verbringen würden. Häufig ist die Bürogestaltung suboptimal – jedoch nimmt auch die Macht der Gewohnheit einen großen Stellenwert ein. Je nach Job können Sie vielleicht kleine Nischen für sich entdecken, wo Sie Ihren Stuhl regelmäßig verlassen können. Sei es, dass Sie die Mittagspause mit einem Spaziergang verbringen, die Telefonate im Stehen oder Gehen erledigen, die Treppe statt den Aufzug nehmen, den Bürokollegen persönlich in seinem Büro aufsuchen, statt ihm zu mailen oder während Denkpausen ein paar Schritte umhergehen. Letzteres kann übrigens darüberhinaus kreative Lösungen beschleunigen, wenn wir gerade buchstäblich auf der Leitung gesessen sind.

Hat das mit der Bewegung tagsüber nicht geklappt, so ist es umso wichtiger sich abends nach Feierabend, an den Wochenenden und im Urlaub regelmäßig Bewegung zu verschaffen. Auch hier spielt die Macht der Gewohnheit wieder eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Nichts ist schwerer, als sich von den üblichen Fernseh-, Buch- oder sonstigen Abendgewohnheiten hin zu einem Spaziergang aufzuraffen. Aber es lohnt sich!

Und es ist wie mit allen Gewohnheiten, mit der Zeit wird es leichter und gehört einfach zum Abendprogramm mit dazu. Hilfreich ist es, wenn man den Spaziergang regelmäßig zu einer gewissen Uhrzeit plant und vielleicht Partner/in, Nachbar/in oder Freund/in überzeugen kann, einen zu begleiten. Dann kommt zu dem Ganzen auch gleich noch ein beziehungsförderlicher Aspekt hinzu.

spaziergang-0exif

Bewegung und Immunsystem

Viele chronische Erkrankungen gehen Hand in Hand mit einer chronischen Aktivierung des Immunsystems, welche zu einer systemischen Entzündung führen kann. Forscher haben herausgefunden, dass körperliche Aktivität und Sport eine Vielzahl an immunologischen Auswirkungen hat. Wenn man regelmäßig moderates Training betreibt, wirkt das Entzündungen entgegen. In der Folge kann es also zu einer Verringerung der entzündlichen Prozesse im Körper kommen (Krüger und Kollegen).

Deshalb wird Bewegung auch bei vielen Krankheitsbildern z.B. bei Depression, Herzerkrankungen oder bei Übergewicht als die Intervention Nummer 1 empfohlen.

Bewegung ist kein Ersatz für eine psychologische Therapie bei Depressionen. Aber sie kann in Verbindung mit professioneller Hilfe ganz wesentlich zu einer Verbesserung der mentalen Stimmung und zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit führen.

Körperliche Aktivität führt darüber hinaus zu einer Resilienz (Widerstandskraft) gegen Stressoren. Das bedeutet, dass regelmäßige Bewegung auch präventiv vor negativen Stressauswirkungen schützen kann!

Wie viel Bewegung ist gesund?

Als Optimum im präventiven Bereich gilt ein wöchentlicher zusätzlicher Kalorienverbrauch von 2000-2500kcal durch Sport. Ab 7000 Schritten täglich wirkt Bewegung präventiv. Außerdem hat körperliche Aktivität einen positiven Einfluss auf Lernen und Gedächtnis und senkt das Risiko für eine Vielzahl an Erkrankungen.

Mit allen Sinnen

Ganz zentral für das Erleben von Glücksmomenten aufgrund von moderater Bewegung unter freiem Himmel ist die Wahrnehmung der Umgebung mit vielen unserer Sinne: Der Duft der Waldluft, die Luftfeuchtigkeit auf unserer Haut, das Zwitschern der Vögel oder das Rauschen des Flusses… Und nicht zuletzt unser primärer Sinn: das Sehen. Achtsames wahrnehmen der Umgebung, einfangen schöner Bilder (als würden Sie Fotos machen) und der Fokus auf Details bringt uns ins Hier und Jetzt, unterbricht Gedankenkreisen, Grübeln, Angst oder Wut.

Es sind die kleinen Dinge, welche den Alltag aufwerten.

Nehmen Sie beim nächsten Mal die Treppe statt den Lift, fahren Sie mit dem Rad zum Einkaufen und verabreden Sie sich für einen kleinen Spaziergang in Verbindung mit einem Besuch beim Italiener…

Bewegung macht beweglich – und Beweglichkeit kann manches in Bewegung setzen.
Paul Haschek

Denn die Umgebung bewusst wahrnehmen, sich etwas Gutes tun, auf sich achten, sich kleine Ziele zu setzen und sich danach auf die Schulter zu klopfen … kann ein kleines Stückchen Glück bedeuten. Eines, welches wir uns jeden Tag ermöglichen können.

Ihre,

Psychologe Innsbruck
Psychologin in Innsbruck