Die Emotionale Intelligenz (EI) beschreibt die Wahrnehmung, das Verstehen und die Beeinflussung von eigenen Gefühlen und Gefühlen des Gegenübers (vgl. Mayer & Salovey). Dabei handelt es sich nicht um ein Gegenstück zur klassischen Intelligenz, sondern vielmehr um eine Erweiterung desselben um eine andere Qualität. Die EI hängt mit der Selbst- und Emotionsregulation zusammen. Emotional intelligente Menschen sind u.a. psychisch gesünder, zufriedener in ihrem Job, leistungsbereiter, stressresistenter und haben eine bessere Beziehungsqualität.
Die EI umfasst folgende Fähigkeiten (Goleman, 1996; Mayer & Salovey, 1997):
- Emotionen wahrnehmen, erkennen und benennen.
Das umfasst das Erkennen, Benennen und gleichzeitig auch das Akzeptieren von Emotionen bei sich selbst und bei anderen. Dieser Aspekt ist vom Konzept der Achtsamkeit geprägt: Es geht nicht um das Bewerten oder Vermeiden von Gefühlen. Auf dieser Stufe geht es darum, sich in sich hinein fühlen zu können und zu spüren, was in uns vorgeht. Dabei ist es egal ob es sich um positive oder negative Emotionen handelt – alle 7 Grundemotionen sind hierbei relevant.Die 7 Grundemotionen nach Paul Ekman sind: Freude, Angst, Wut, Trauer, Überraschung, Ekel und Verachtung. - Emotionen verstehen.
Bei dieser Fähigkeit geht es darum, grundlegende Zusammenhänge und emotionale Muster zu verstehen. Also ein gewisses „Emotionswissen“ zu entwickeln und zu erkennen, welche Umstände und Situationen zu welchen Gefühlen führen. - Emotionen regulieren.
Das umfasst die Selbstregulation von Gefühlen, sodass sie für die jeweilige Situation passend sind. In diesem Bereich liegen Fähigkeiten der Selbstberuhigung, der Unterbrechung von automatischen Gedanken- oder Gefühlsmustern (Teufelskreise) und die Verstärkung von positiven Emotionen. Diese Fähigkeiten sind eine große Ressource insbesondere in Bezug auf die Stressregulation und fördern das persönliche Wachstum. - Emotionen gezielt steuern und nutzen.
Diese Fähigkeit umfasst das Beeinflussen unserer Gefühle, sodass sie uns helfen, die Dinge zu erreichen, welche wir uns wünschen. Das bewusste Nutzen oder Auslösen von Gefühlen hilft uns dabei Denkprozesse zu unterstützen, uns zu motivieren und in der Folge Erfolgserlebnisse zu erzielen.
Hierbei kann sowohl das bewusste Unterbrechen (negativer) impulsiver Reaktionen helfen, als auch das aktive Herbeiführen von positiven Emotionen. (Wie das geht finden Sie bei den Glücksrezepten).
Daniel Goleman hob insbesondere auch die Differenzierung der Fähigkeiten in Bezug auf sich selbst vs. bei anderen Personen hervor.
Man kann sowohl die eigenen Gefühle, als auch die Gefühle von Mitmenschen erkennen und regulieren (Stichwörter Empathie und Soziale Intelligenz).
Ein Beispiel, an dem sich die Regulierung anderer besonders gut darstellen lässt, ist die Regulation kindlicher Emotionen durch die Eltern. Mit der Zeit lernt das Kind dann sich selbst zu regulieren und ist nur noch sekundär auf die Emotionsregulation durch die Eltern angewiesen.
Während es den Einen leicht fällt, Emotionen zu erkennen, zu beeinflussen und zu nutzen, fällt es Anderen eher schwerer.
In der Forschung rund um Paul Ekman’s Grundemotionen (Facial Action Coding System (FACS) = Verfahren, in welchem verschiedene Gesichtsausdrücke kodiert werden) zeigen die Ergebnisse, dass Freude die Emotion ist, die generell am besten erkannt wird (bei ca. 9 von 10 Fällen). Wohingegen Angst deutlich seltener als richtig erkannt wird (teilweise in nur 6 von 10 Fällen).
Emotionale Intelligenz kann man lernen!
Hierzu gibt es eine Vielzahl an Interventionsmöglichkeiten. Zum Beispiel:
- Emotionen wahrnehmen, erkennen und benennen.
Wie bereits angesprochen, ist Achtsamkeit an dieser Stelle ein sehr zentrales Konzept. Achtsamkeitstraining (z.B. Genussspaziergang) kann hier Wunder wirken. Ebenfalls gibt es einige Übungen aus der bewegungszentrierten Psychotherapie, welche dabei helfen, die Körperwahrnehmung zu schulen. - Emotionen verstehen.
Hier kann es hilfreich sein, sich typische und grundlegende Zusammenhänge zwischen Gefühlen und Situationen bzw. Reizen zu vergegenwärtigen und Mimik kleinschrittig zu analysieren. Außerdem ist es sinnvoll, bei sich selbst Reaktionsmuster zu erkennen, nach welchen man häufig reagiert. Also die Auslöser und Zusammenhänge zu erkennen, welche z.B. häufig traurig oder wütend machen. - Emotionen regulieren.
In diesen Bereich fallen eine Vielzahl an Strategien, welche aus der Verhaltenstherapie bekannt sind. Beispiele sind z.B. Entspannungstechniken, Visualisierungstechniken (z.B. Vorstellen eines STOP-Schildes, um einen Gedanken oder ein Gefühl anzuhalten), Entwicklung von individuell wirksamen Bewältigungsstrategien, Selbstmitgefühl u.v.m.
Ein wichtiger Punkt in diesem Bereich ist die Differenzierung in primäre und sekundäre Emotionen.
Während primäre Emotionen durch angeborene Reiz-Reaktionen entstehen (z.B. Angst nach Schmerzreiz) sind sekundäre Emotionen erlernt bzw. durch Erfahrungen entstanden (z.B. Angst vor Hunden, weil man einmal von einem Hund gebissen wurde). Letztere lassen sich klinisch psychologisch behandeln. - Emotionen gezielt steuern und nutzen.
Unter diesen Punkt fallen die Glücksrezepte, welche dabei helfen, positive Emotionen entstehen oder wiederaufleben zu lassen oder die guten Gefühle verstärken.
Fazit: Es ist hilfreich, wenn wir – egal ob im Berufs- oder im Privatleben – uns unserer Gefühle bewusst sind, sie verstehen, regulieren und gezielt steuern können. Diese Fähigkeiten der emotionalen Intelligenz führen dazu, dass wir uns wohler fühlen und erfolgreicher sind. Denn genauso wie Gefühle etwas Wunderbares sind und uns menschlich machen, können sie uns auch – wenn sie aus der Bahn geraten – ins (Gefühls-)Chaos stürzen.
Oder um es mit den Worten Rilkes zu sagen:
Alle Gefühle sind rein,
die dir helfen, dich zu sammeln und zu erheben;
unrein ist das Gefühl,
das nur eine Seite deines Wesens ergreift und dich dadurch verzerrt.
Rainer Maria Rilke
Ihre,