An was denken Sie unter der Dusche?

Duschender Vogel

Diese Frage warf Christopher Peterson in seinem Buch „Pursuing the Good Life“ (2013) auf. Ich möchte die Frage erweitern:

An was denken Sie unter der Dusche, in der Badewanne, beim Kochen, beim Blumen pflanzen – in allen Situationen – in denen Ihre Gedanken frei umher wandern (könnten)?

Viele von uns denken daran, was sie heute noch erledigen müssen, was sie heute im Job noch erwarten könnte, dass die Wohnung noch aufgeräumt, die Hausaufgaben der Kinder gesichtet oder das Haustier zum Tierarzt gebracht werden muss. Oder aber daran, was heute der Chef bemängelt hat, was der Steuerberater wieder alles benötigte oder wie die Freundin das gemeinsame Treffen verschwitzt hat.

Provokativ gefragt: Wer möchte denn schon mit den Hausaufgaben seiner Kinder oder der gedanklichen Steuererklärung (symbolisch gesehen) die Dusche teilen?

Aus den obigen Beispielen lassen sich einige Denkmuster identifizieren:

  1. Grübeln:  In Situationen, in denen unser Gehirn nicht fokussiert ist und nicht unsere volle Aufmerksamkeit benötigt, grübeln viele von uns häufig über negative Dinge nach, machen uns Sorgen, planen voraus, um Stress zu vermeiden oder verarbeiten die aufregenden Erlebnisse des Tages.
  2. Pessimismus: Wenn wir also gerade unter der Dusche stehen und vor uns hin grübeln, kann es passieren, dass wir uns bei negativen Zukunftsgedanken ertappen. Sorgen, Unsicherheit und Ängste sind Emotionen, die häufig entstehen, wenn wir uns Negatives in der Zukunft erwarten. Einmal angefangen beginnt eine Abwärtsspirale, durch welche wir mühelos unsere Stimmung von hellgrau in dunkelschwarz verwandeln können.
  3. Zweifeln: Eine andere Möglichkeit, wenn wir nicht gerade an die Zukunft denken, sind Gedanken an Dinge, welche bereits geschehen sind. Dabei kann es vorkommen, dass wir hin und her überlegen, ob wir auch richtig gehandelt haben, uns richtig entschieden, auch nichts vergessen haben usw.

Vielleicht kennen Sie auch die ein oder andere Situation, in welcher Sie aus der Dusche steigen und dabei in Gedanken schon im Büro sitzen und die to do Liste abarbeiten, Sie vergessen das Essen im Topf umzurühren, weil Sie in Gedanken ganz wo anders sind oder Sie ganz überrascht sind, wie lange Sie schon vor sich hin gestarrt haben, anstatt die Tulpen einzupflanzen…

Es ist ganz normal, dass unser Hirn immer etwas zu tun braucht. Und wenn wir das nicht aktiv steuern, kann es im Alltag häufig einmal passieren, dass der eine oder andere negative Denkmechanismus einsetzt.

Dafür gibt es zwei bezaubernde Lösungen aus der Positiven Psychologie:

Variante A: Geben Sie Ihrem Hirn positive Aufgaben, mit denen es sich auseinandersetzen kann. Z.B. denken Sie daran, was heute schön war oder auf was Sie sich in nächster Zeit freuen. Diese Variante ist für diejenigen unter Ihnen geeignet, die das Gefühl haben eine konkrete Aufgabe, ein bestimmtes Ziel vor Augen haben zu wollen.

Variante B: Leben Sie den Moment, spüren Sie mit allen Sinnen, was Sie gerade tun: Nehmen Sie die Wärme des Wassers wahr, die angenehmen Tropfen, welche Ihnen beim Duschen den Rücken massieren, riechen Sie den Badeschaum oder die Gewürze, mit denen Sie Ihr Essen verfeinert haben und hören Sie das Zwitschern der Vögel, während Sie der Gartenarbeit nachgehen…
Diese Fähigkeit des konzentrierten Fokussierens unserer Aufmerksamkeit lässt sich erlernen und trainieren, auch für diejenigen, die sonst nur Variante A gewöhnt sind.

Wenn Sie sich des Öfteren nebenbei beim Grübeln, Abwägen oder Sorgen machen ertappen, kann es hilfreich sein, sich (bei Bedarf regelmäßig) ein Zeitfenster zu schaffen, in welchem dann „Grübelzeit“ ist. In dieser Zeit können Sie die ganzen offenen Punkte durchdenken und für sich ordnen. Wichtig dabei sind vor allem folgende zwei Dinge:

  1. Machen Sie das nicht abends vor dem Einschlafen, sondern tagsüber, wie Ihre anderen Termine. Vor dem Einschlafen empfiehlt sich der Positive Tagesrückblick.
  2. Beenden Sie die „Grübelzeit“ nach einer vorgegebenen Zeitspanne (z.B. nach 20-30 Minuten). Wenn Sie sich danach weiterhin beim gelegentlichen Grübeln ertappen, bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit freundlich wieder zurück auf den Moment oder geben Sie Ihrem Hirn eine positive Aufgabe.

Mädchen am See

Dieses „Glücksrezept“ hat einmal ein Zen-Mönch auf den Punkt gebracht, als er gefragt wurde, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen so glücklich sein könne.

Er sagte:
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich sitze, dann sitze ich,
wenn ich esse, dann esse ich,
wenn ich liebe, dann liebe ich …“
Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten:
„Das tun wir auch, aber was machst Du darüber hinaus?“
Er sagte wiederum:
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich … “
Wieder sagten die Leute:
„Aber das tun wir doch auch!“
Er aber sagte zu ihnen:
„Nein –
wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,
wenn ihr steht, dann lauft ihr schon,
wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“

Diese Haltung, welche unter dem Begriff Achtsamkeit bekannt ist, ist jedem von uns möglich. Man kann sie im Lauf eines stressigen Alltags verlernen – aber sie auch genauso wieder erlernen!

Herzlichst Ihre

Psychologe Innsbruck
Psychologin in Innsbruck

2 Kommentare

  1. Liebe Frau Mag. Hausler!

    Nach dem Workshop war ich schon ganz neugierig auf Ihre Homepage 🙂 viele, viele Ideen und Tipps für den Alltag, für ein „glücklicheres Sein im Jetzt“ – auch die Fotos sind sehr schön. Danke!
    Liebe Grüße
    Brigitte

  2. Liebe Brigitte,
    Schön von Ihnen zu hören!
    Vielen Dank für das positive Feedback. Es freut mich, dass Sie so viel aus dem Glücks-Workshop und von der Homepage mitnehmen konnten 🙂
    Liebe Grüße,
    Melanie Hausler

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