Im Rahmen eines Interviews mit dem Magazin „Glamour“ habe ich mich mit dem Thema Hypes auseinandergesetzt:
Wie lassen sich Hypes als Phänomen unserer Zeit bewerten?
Viktor Frankl beschrieb einmal, dass das beschleunigte Tempo von heute ein missglückter Selbstheilungsversuch sei um vor innerer Leere zu flüchten und fehlendes Sinnerleben zu kompensieren. Sich mit Hypes abzulenken ist eine Strategie um eine Auseinandersetzung mit negativen Gefühlen zu vermeiden.
Immer schneller, höher, weiter: Können wir von der flüchtigen Euphorie für eine Sache profitieren?
Kurzfristig mögen – zumindest positive Hypes – Glücksgefühle bescheren. Jedoch ist dies zumeist ein nur sehr kurzes Vergnügen und wir brauchen immer mehr Stimulation. Um langfristig zufrieden zu sein, ist es wichtig unser Leben gemäß unseren Werten auszurichten. Dazu ist es sinnvoll sich bewusst zu machen, was einem wirklich wichtig ist und wofür man dankbar ist.
Lebensmittel, Stars, Tiere, Klamotten, Beauty-Produkte: Heute kann alles willkürlich zu einem viralen Social Media-Phänomen werden. Sind wir nicht mehr im Stande in der Fülle an Informationen zu filtern und unsere Aufmerksamkeit auf eine Sache, die uns wirklich am Herzen liegt, zu konzentrieren?
Eine wichtige Fähigkeit im Kontext der Reizüberflutung ist die Achtsamkeit. Achtsam zu sein, bedeutet den Moment wahrzunehmen ohne ihn zu bewerten. Dies lässt sich trainieren und stellt einen wirksamen Gegenpol zur Beschleunigung dar. Viel zu oft sind wir gedanklich schon ein paar Schritte weiter, sodass wir gar nicht mehr realisieren, was im Moment geschieht. Deshalb, einfach mal innehalten, sich umschauen und realisieren wo man JETZT gerade ist. Achtsamkeit ist wirksam zur Stressbewältigung, hilft bei Burnout, Ängsten und Co.
Warum springen wir so schnell auf Hypes an?
Hierfür gibt es viele Gründe. So z.B. das sogenannte FOMO (engl. Fear of missing out), also die Angst etwas zu verpassen. So leben viele von uns in ständiger Unruhe, dass sie etwas Relevantes übersehen könnten. Dahinter stecken, neben dem Erleben von Spaß, häufig soziale Bedürfnisse: Wir alle wollen mitreden, wenn über aktuelle Themen geredet wird. Das füttert einerseits unser Bedürfnis nach Anerkennung und Akzeptanz und verhindert andererseits in eine Außenseiterrolle zu gelangen.
Inwieweit wirken sich Hypes und die sozialen Medien auf unserer Fähigkeit aus uns für Dinge zu begeistern?
Begeisterungsfähigkeit ist eine Charakterstärke. Diese kommt zum Einsatz, wenn wir mit Dingen konfrontiert sind, die uns persönlich wichtig sind – wir wollen automatisch mehr davon und erleben Freude am Tun. Bei einem Hype ist das zumeist etwas anders, denn das Interesse verfliegt nach kurzer Zeit. Oft stehen bei einem Hype die sogenannten Vermeidungsziele im Vordergrund: Ich setze mich mit dem Thema auseinander, z.B. um NICHTS zu verpassen oder um NICHT verspottet zu werden. Bei echter Begeisterungsfähigkeit hingegen steht die Sache an sich im Vordergrund. Es handelt sich um ein Annäherungsziel – ich mache das, UM erfolgreich zu sein oder etwas Neues zu entdecken.
Macht es einen zufriedener einem Social Media-Hype zu folgen?
Social Media-Hypes führen zu einer kurzfristigen Schein-Zufriedenheit. Viel wichtiger für das Wohlbefinden sind die Menschen, die dahinter stehen. Wie viel „Real-Time“ verbringe ich mit Menschen, die mir wirklich wichtig sind? Mit welchen Personen fühle ich mich geborgen, erlebe Nähe und Zugehörigkeit?
Was würde es mit einem machen sich den sozialen Medien zu entziehen?
Das ist sehr individuell. Aufgrund des Suchtcharakters ist erstmal mit Entzugserscheinungen zu rechnen. Denken Sie z.B. daran wie ungewohnt es ist, wenn man nur einmal sein Handy zuhause vergessen hat. Derzeit sind sogenannte „Medien-Diäten“ im Trend. Dahinter steht das Bedürfnis zur Ruhe zu kommen, wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu haben, für Hobbys oder die Familie, oder aber nach MeTime, also Zeit nur für mich selbst.
Wie kann man lernen sich wieder wirklich für eine Sache zu begeistern?
Fragen
Sie sich: Worauf freue ich mich in den nächsten zwei Wochen? Überlegen Sie im
Anschluss daran, warum Sie sich darauf freuen. Was steckt dahinter? Häufig sind
es die drei psychischen Grundbedürfnisse: Positive Beziehungen (Sie treffen
z.B. eine gute Freundin), Kompetenz (Sie schließen z.B. ein berufliches Projekt
ab) und Autonomie (Sie haben eine Wanderung geplant und zwar genau dorthin, wo
Sie sich am wohlsten fühlen). Füllen Ihre Aktivitäten eines oder mehrere dieser
Bedürfnisse, so führt das automatisch zu Glücksgefühlen.
Der direkte Weg zur Begeisterung führt übrigens über unsere individuellen Charakterstärken
(z.B. Kreativität, Ausdauer, Humor). Wenn wir das tun, was wir gut können,
führt das automatisch zu Begeisterung und die Dinge gehen noch dazu leicht von
der Hand.